Arbeits- und Lebensbedingungen der Dozeten an der alten kurfürstlichen Universität

Wappen des Universitätsprofessors und Rektors Weber[Bild: Stadtarchiv Mainz]

Um an einer europäischen Universität lehren zu können, brauchte man im Mittelalter den akademischen Grad eines Magister. Diesen konnte man in einem der sogenannten höheren Studiengänge erwerben, traditionell Theologie, Jura und Medizin. Im Laufe der Zeit weitete sich das Feld aus, Naturwissenschaften, moderne Sprachen und weitere Fächer kamen hinzu. Außerdem war es häufig von Nöten, zugleich Mitglied des Klerus zu sein. Noch bis weit in die Neuzeit hinein waren katholische Universitäten stark von der Kirche abhängig, und wurden meist durch umliegende Stifte finanziert. Dementsprechend waren die Gehälter der Dozenten üblicherweise an kirchliche Pfründe geknüpft, die nur von jemandem besetzt werden konnte, der zur Geistlichkeit gehörte. Dies war auch in Mainz der Fall, die Lektoralpräbenden, mit denen die Dozenten bezahlt wurden, waren an Kirchenämter gebunden, die es, soweit möglich, ebenfalls auszuführen galt.
Da die Stifte häufig ihre Zahlungen vernachlässigten und das Gehalt eines Dozent meist sehr niedrig angesetzt war, war es für die meisten Professoren auch an der Mainzer kurfürstlichen Universität notwendig, den Lebensunterhalt mittels eines Nebenerwerbs zu sichern. Diese variierten stark. Da gerade noch im Spätmittelalter viele Dozenten Kleriker waren, widmeten sie sich ihren kirchlichen Ämtern als Diakon oder Pfarrer. Professoren er juristischen Fakultät konnten als Gutachter, Richter oder Diplomaten ihr Gehalt aufbessern, Mediziner, indem sie eine Praxis unterhielten. Eine weitere Geldquelle war das Einsammeln von Hörgeldern, die Dozenten verlangen konnten, wenn sie Vorlesungen außerhalb des Pflichtprogramms anboten und die von jedem interessierten Student gezahlt werden mussten. Auch gaben viele Dozenten bezahlten Privatunterricht, halfen bei der Revision von der Lektüre und Vorbereitungen auf Examina, wobei zwischen den Dozenten ein gewisser Konkurrenzkampf herrschte. Es mussten gar Regeln in die Statuten aufgenommen werden, dass es keinem Professor erlaubt war, einem anderen seine Privatschüler abspenstig zu machen.
Mit den Stiften, die das Gehalt der Professoren auszahlten, wurde unaufhörlich um Zahlungen gefeilscht. Tatsächliche Zahlen, wie viel die Dozenten verdienten, sind schwer zu finden. Eine lautet, dass im Jahr 1500 ein Philosophiedozent 10 Gulden im Semester verdiente, eine ausreichende, aber nicht besonders hohe Summe. Noch schwieriger wurde die Situation, nachdem die Lektoralpräbenden in jährliche Zahlungen umgewandelt wurde. Diese blieben trotz steigender Inflation über Jahrzehnte hinweg auf gleicher Höhe, und reichten bald nicht mehr aus, um einen einzelnen Menschen zu ernähren. Dies hatte Auswirkungen auf den Universitätsbetrieb. Dozenten konzentrierten sich mehr auf ihre Nebenverdienste als ihre Arbeit an der Universität, vernachlässigten den Unterricht oder weigerten sich gar komplett, ihn zu übernehmen. Auch wurde es zunehmend schwieriger, die Stellen zu besetzen, sodass manche Lehrstühle jahrelang vakant blieben, da sich niemand qualifiziertes fand, der bereit war, für so geringen Lohn zu arbeiten. Die Situation besserte sich erst mit der Reform von 1784 merklich. Es wurden nicht nur die Gehäler erhöht, sondern auch großzügige Professorenhäuser gebaut, um mehr Gelehrte nach Mainz zu locken. In diesen Häusern wohnten manche namhaften Dozenten wie Forster und Soemmering, die dort unter anderem von Johann Wolfgang von Goethe besucht wurden.
Dozenten hatten sich auch an einen gewissen Verhaltenskodex zu halten. Sie waren ebenso wie die Studenten verpflichtet, in den Bursen zu leben, sie hatten die Studenten zu beaufsichtigen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Das verlangte gebührliche Kleidung, respektables Auftreten, Fernbleiben von zwielichtigen Orten wie Tanzlokalen, Tavernen und Bordellen sowie das Meiden von Menschen uns insbesondere Frauen von zweifelhaftem Ruf. Bei Fehlverhalten wurde das Universitätsgericht eingeschaltet, meist wurden Geldstrafen verhängt, bei gravierenden Verstößen konnte man aber auch die Erlaubnis zu dozieren verlieren oder gar ganz aus der Universität rausgeworfen werden.

Literatur:

Böcher, Otto u.a. (Hrsg.): Stadt-Land-Universität. Aus den Werken des Mainzer Historikers Helmut Mathy. Stuttgart 2012.

Jakobi, Ernst: Die Entstehung des Mainzer Universitätsfonds von 1781. Ein Beitrag zur Geschichte der Alten Universität Mainz. Wiesbaden 1959.

Just, Leo; Mathy, Helmut: Die Universität Mainz. Grundzüge ihrer Geschichte. Mainz 1965.

Steiner, Jürgen: Die Artistenfakultät der Universität Mainz 1477-1562. Stuttgart 1988.

 

Red. Bearb. Juliane Märker 20.08.2012

 

 
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