Unterrichtsformen und -inhalte der Artistenfakultät

Kern des philosophischen Studiums war das Trivium: Dialektik, Rhetorik und Grammatik. Im Laufe des Mittelalters kam auch das Quadrivium hinzu, welches die Fächer Astronomie, Arithmetik, Geographie und Musik behandelt. Je nach Ausrichtung der Universität konnten weitere Themengebiete hinzukommen, in Mainz waren so unter anderem auch Poetik und Geschichte als eigene Fächer vertreten.
Es gab an der Artistenfakultät drei grundlegende Lehrveranstaltungen: Die Vorlesung, lectio, die Disputation, disputatio, und die Übung, excercitium, manchmal auch Wiederholung, repetitio genannt. Es gab ordentliche und außerordentliche Vorlesungen. Jedes Semester wurden acht außerordentliche Vorlesungen gehalten, auch formale Vorlesungen genannt. Sie richteten sich an alle Studenten der Fakultät und konnten kostenlos besucht werden. Thematisch umfassten sie die Bereiche des Quadriviums. Ordentliche Vorlesungen waren gebührenpflichtig und behandelten die humanistischen Wissenschaften wie Poetik, Sprachen und das Trivium. Um zu den Abschlussprüfungen zugelassen zu werden musste man eine gewisse Anzahl an Vorlesungen besucht haben. Sie dauerten eine ganze Stunde, und wer nach seiner Anmeldung im Unterricht fehlte, hatte eine kleine Strafe zu zahlen. Gleiches galt, wenn man den Unterricht störte oder man sich anderweitig ungebührlich verhielt. Bei Vorlesungen wurde zuerst –wie der Name schon sagt- vorgelesen, und anschließend der Text vom Dozenten analysiert. Zusätzlich wurden auch in den Pädagogien Vorlesungen für die Studienanfänger gehalten.
Die Disputationen waren Vorläufer der heutigen Seminare. Anstatt Frontalunterricht war hier Kern der Veranstaltung die Diskussion zwischen Dozent und Studenten, wobei man mit verteilten Rollen Argumente über ein vorher festgelegtes Thema austauschte. Die ordentlichen Disputationen fanden regelmäßig einmal wöchentlich statt und dauerten meist den ganzen Tag. Der Dozent legte zuvor ein Thema fest und verteilte unter den Studenten die verschiedenen Thesen, die sie zu verteidigen oder zu widerlegen hatten. Die Themen hielten sich an den Lehrplan und kamen meist aus dem Bereich der Rhetorik, Dialektik, Grammatik oder auch Physik. Die Studenten wurden dann von Magistern mit Fragen konfrontiert, die sie zu beantworten hatten, und mussten ihre These verteidigen. Zu diesen Disputationen waren der Dekan und alle Magister eingeladen, die wenn sie erscheinen, in ihrer vollen akademischen Tracht erschienen. Dadurch erhielten die Disputationen einen feierlichen Charakter. Im kleineren Rahmen gab es zwei Mal die Woche Disputation, an denen nur Studenten teilnahmen. Diese dienten zur Übung der eigenen Redegewandtheit und sollten auf die öffentlichen Disputationen vorbereitet. Manchmal wurden sie auch als Festakt bei Feiern der Universität verwendet. Die disputatio de quodlibet fand vor der Versammlung der gesamten Universität statt. Jeder im Publikum konnte an die Magister, die die Disputation ausführten, Fragen stellen. Meist war dies eine Bühne für ausgiebigen Spott und Sarkasmus, aber auch Kritik gegenüber der Universität und anderen Einrichtungen. Im Laufe der Neuzeit wurde diese Veranstaltung aber unbeliebt und wurde immer seltener ausgeführt, in Mainz wird sie seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr erwähnt.
Die Übungen waren keine verpflichtenden Veranstaltungen. Sie dienten der Wiederholung und Vertiefung von bereits behandelten Materialien, fanden meist in kleinen Gruppen statt und wurden vor allem als Prüfungsvorbereitungen in Anspruch genommen. Wie in den Vorlesungen rezitierte der Dozent einen Text, jedoch war auch die aktive Teilnahme der Studenten erlaubt und erwünscht, um den Text zu analysieren und zu interpretieren.

Nachweise

Literatur:

Pietzsch, Gerhard: Der Musikunterricht an der Universität Mainz im ersten Jahrhundert ihres Bestehens. In: Tradition und Gegenwart. Aus der Zeit der kurfürstlichen Universität. Hrsg. von Weber, Hermann. Wiesbaden 1977.

Steiner, Jürgen: Die Artistenfakultät der Universität Mainz 1477-1562. Stuttgart 1988.

 

Red. Bearb. Juliane Märker 20.08.2012

 
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